«Fliegen, das ist die Liebe zum Flugzeug, welches genauso wenig nur aus Rippen und Stoff besteht, wie der Mensch aus Fleisch und Blut. Da ist auch die Weite des Horizontes, eine Erfüllung von Träumen und Hoffnungen, eine selbstbewusste Lebensverwirklichung.» Stefan Keller, inspiriert durch Richard Bach
Jeder Flug erzählt mir eine eigene, ganz spezielle Geschichte. Aus meinem Leben, in mein Leben. Ich brauche nur die Sensibilität zu entwickeln, diese Geschichten zu hören und zu verstehen. Und ich bin ein ganz entscheidendes Stück weitergekommen mit mir und meiner Entwicklung.
Ich will Dich miterleben lassen, was mir mit meinen Flugmodellen, im Hangwind stehend, das Modell in der Thermik kreisend oder vom Motor getrieben durch eine Rolle ziehend, widerfahren ist. Und ich will Dich in ganz unsentimentaler Weise begreifen lassen, wie die Unbegrenztheit des Himmels den Menschen erfüllen kann.
"Die Sehnsucht des Menschen, sich wie ein Vogel in die Luft zu erheben - die in Sagen und Legenden aller Völker zum Ausdruck kommt - diese Sehnsucht hat im letzten Jahrhundert eine Erfüllung gefunden, die niemand vorauszuahnen vermochte.
Welch winzige Zeitspanne - winzig, gemessen an der Menschheitsgeschichte - ist seit jenem denkwürdigen ersten Motorflug am 17. Dezember 1903 und dem Rekord unserer Tage, dem Flug um die Erde in drei Tagen, sechs Stunden und fünfundzwanzig Minuten, verstrichen, doch welche Fülle von Fortschritten und Ereignissen umschliesst sie."
Bestimmt hast es Du bereits bemerkt, dieser Text kann nicht aus dem 21. Jahrhundert stammen.
Der obige Text ist dem Einleitungstext des Buches Segelflug-Modellbau Aus dem Jahr 1951 entnommen. Dieses auch heute noch sehr wertvolle Buch wurde von Alfred Gymnich verfasst und ist im Otto Maier Verlag in Ravensburg erschienen.
Und hier das Vorwort zu diesem tollen Buch:
« Wenn es auch heute noch Menschen geben mag, die verächtlich lächeln, sobald sie Erwachsene mit Flugmodellen sehen, so wird die Zahl dieser Spötter doch langsam, aber sicher, immer kleiner. Es sind vielleicht Menschen dabei, die ein simples Kartenspiel am Stammtisch für männlicher halten und die, die nie darüber nachgedacht haben, wieviel Mühe, wieviel Geist und Arbeit dazu gehören, so ein kleines fliegendes Wunderwerk zu schaffen. Der Flugmodellbau ist nicht nur zu einem weltweiten Sport herangewachsen, er ist eine kleine Wissenschaft für sich geworden.
Es ist nur zu wünschen, dass sich die Jugend mehr und mehr an diesem Sport beteiligt und dass sie in steigendem Masse Männer findet, die dieses Streben verstehen, anleiten und zum Erfolg führen.
Das Flugwesen hat eine vor fünzig Jahren noch ganz und gar ungeahnte Bedeutung in unserem Land erhalten; kein daseinswilliges Volk kann und darf sich ihm entziehen.
Zur Fliegerei gehört der Modellflugsport fast wie das Lesen und Schreiben zum gebildeten Menschen, doch ist er nicht nur ein Anfang; er hat auch seine volle Bedeutung als Sport, dient der Erholung, der Entspannung, dem Frohsinn und der Lebenslust.
Möge dies neue Buch, das dem Anfänger Anleitung und dem Fachmann Auskunft gibt, mithelfen, in Zukunft noch mehr und noch bessere Kleinstsegler am Himmel kreisen zu lassen.»
Stuttgart, 8. Juli 1951 Wolf Hirth
Kurt Erhard Wolfram Hirth (geboren am 28. Februar 1900 in Stuttgart; gestorben am 25. Juli 1959 in Dettingen unter Teck) war ein deutscher Ingenieur, Segelflugpionier und Träger des silbernen Segelflugabzeichens Nr. 1. Er war zweifacher Gewinner des Hindenburg-Pokals, Motorradrennfahrer und erster Präsident des Deutschen Aero Clubs nach dem zweiten Weltkrieg.
Und so, wie bei diesem Knaben auf dem nebenstehendem Bild (Quelle unbekannt), hat es auch bei mir angefangen, als ich ein kleiner Junge war. Täglich bei schönem Wetter schaute ich nach dem Mittagessen aus dem nach Osten ausgerichteten Fenster meines Zimmers im ersten Stock des elterlichen Einfamilienhauses im Grüt im Zürcher Oberland. Pünktlich nach 13.30 flogen mit ohrenbetäubendem Lärm der Triebwerke die Venoms, die Hunter und die Mirages vom Militärflugplatz Dübendorf kommend über unser Haus, um vor den Glarneralpen im Hintergrund ihre Flugmanöver zu üben. Ich war fasziniert.
Später kam ich zum Schluss, dass die Fliegerei viel zu kostbar ist, um sie für militärische und kriegerische Zwecke zu missbrauchen.
Doch die Faszination fürs Fliegen ist geblieben und zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Ich begann Modelle zu bauen und zu fliegen. Wann immer ich konnte, stieg ich ein ein Flugzeug, lernte später Gleitschirm- und Drachenfliegen, wurde Fluglehrer, betrieb meine eigene Flugschule und gab gern mein Wissen weiter. Und so ist es noch heute, wohl bis zu meinem Lebensende.
Das Bauen und Fliegen vom Modellflugzeugen bietet jungen und anderen Menschen viele wertvolle Möglichkeiten, des Lernens, der handwerklichen Fertigkeiten, von Erlebnissen mit der Schwerkraft, jenem wesentlichen Lebensfaktor, ohne den unser Leben nicht möglich wäre, der Freude und der Verarbeitung von Rückschlägen, von Technik- und Naturerlebnissen, von Wachsen und Entwickeln.
Lesen- und Rechnenlernen ergeben für Kinder plötzlich Sinn, wenn sie die Wörter Leim, Bespannpapier und die Anzahl Holzleisten- und Bretter für ihr nächstes Model auf die Einkausliste schreiben müssen oder wenn sie Baupläne- und Anleitungen verstehen wollen. Gleichermassen beginnen sie sich für die Physik, die Geographie oder das Wetter und vieles anderes zu interessieren.
Auch wenn sich die Zeiten verändert haben. Die Bedürfnisse der Menschen sind geblieben.
Deshalb ist Modellbauen und Modellfliegen auch heute noch so attraktiv wie damals.
In den 1950er Jahren wurde der Modellflugsport gleich von mehreren Minaralölkonzernen zu Werbezwecken genutzt, um Marken wie Shell, Esso und andere bekannter zu machen.
Und es gab Zeiten, da scheint Modellfliegen populärer und angesehener gewesen zu sein, als Golf- oder Tennisspielen.